Die FlexCo als neuer Star des österreichischen Kapitalgesellschaftsrechts, jedoch nur eine unter vielen Optionen am Firmament des internationalen Wettbewerbs der Rechtformen

Seit dem 1.1.2024 bietet das österreichische Gesellschaftsrecht mit der sogenannten Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexKapG oder FlexCo) eine neue Kapitalgesellschaftsform an, welche neben den fortbestehenden Varianten der ( österreichischen) GmbH und der AG ein in einigen Aspekten liberaleres Regelungsregime aufweist. So wird eine vereinfachte Gründung ermöglicht, die Stammeinlagen der einzelnen Gesellschafter müssen lediglich den Betrag von 1 € aufweisen, und Bareinlagen bei Gründung lediglich zu einem Viertel erbracht werden. Erleichterungen bestehen hingegen bei der umfangreichen Möglichkeit des Erwerbs eigener Anteile, der Durchführung einer bedingten Kapitalerhöhung oder der Ausgabe von Finanzierungsinstrumenten. Zudem ist die grundsätzlich der Notariatsaktspflicht unterliegende Anteilübertragung und die Übernahmeerklärung von Geschäftsanteilen alternativ auch auf Grundlage einer von einem Rechtsanwalt erstellten Anwaltsurkunde möglich. Das Mindeststammkapital muss durch die gleichzeitig erfolgte Absenkung des Mindeststammkapitals von bislang 35.000 € auf 10.000 € auch bei der gewöhnlichen GmbH jedoch ebenfalls diesen Betrag aufweisen, so dass die FlexCo insofern keine Vorteile bietet.

Das am meisten beworbene Merkmal der FlexCo stellt die Möglichkeit der Ausgabe von stimmrechtslosen Unternehmenswertanteilen bis zur Höhe von unter 25% des Stammkapitals dar, mit der insbesondere Mitarbeiterbeteiligungen für start-ups gefördert werden sollen. Unternehmenswertanteile gewähren eine echte gesellschaftsrechtliche Beteiligung, gewähren jedoch kein Stimmrecht und nur reduzierte Auskunftsrechte. Sie werden auf Ebene der begünstigten Arbeitnehmer unter den in § 67 a EstG genannten Voraussetzungen auch steuerlich erheblich begünstigt. Alles andere als flexibel erweist sich die FlexCo hingegen bei dem Verbot der Einlagenrückgewähr (§§ 82; 83 GmbhG), welches im Einklang mit der geltenden Rechtslage bei der GmbH und der AG über die Stammkapitalziffer hinaus das gesamte Gesellschaftsvermögen umfasst und in seiner strengen Auslegung durch den OGH dazu führt, dass sich auch die FlexCo als Tochtergesellschaft in einem (insbesondere grenzüberschreitenden) Konzern als eher ungeeignet erweist. Bedauerlich ist zudem, dass auch das österreichische Gesellschaftskollisionsrecht unverändert bleibt und so nicht abschließend geklärt ist, ob die FlexCo ihren Verwaltungssitz auch in anderen Staaten nehmen kann, wo teilweise noch weitergehende steuerliche Incentivierungen als im österreichische Recht gewährt werden (so zB in Spanien mit dem sog. Start-up-Gesetz 28/202). Solche in anderen Staaten ansässige Gründer und „Digital Nomands“ werden daher leider eher nicht die Rechtsform einer österreichischen FlexCo wählen, obwohl häufig ein hoher praktischer Bedarf dafür gegeben ist. So zB in Spanien, wo zwar umfangreiche steuerliche Förderungen bestehen, die Rechtsform der spanischen SL wegen der fehlenden Möglichkeit der Schaffung eigener Anteile dafür jedoch aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ausscheidet. Eine weiterer Wermutstropfen liegt darin, dass die FlexCo bereits bei Erreichung der Schwelle einer mittelgroßen kapitalgesellschaftsrechtlich und somit schneller als eine gewöhnliche GmbH der unternehmerischen Mitbestimmung unterfällt. Aber auch in Österreich ansässige Gründer bzw. Arbeitnehmer kommen bei Erfüllung der im österreichischen Steuerrecht aufgestellten steuerlichen Anforderungen selbstverständlich auch dann in den Genuss der vorgenannten steuerlichen Vorteile, wenn sie statt der FlexCo eine andere ausländische Rechtsform wählen, welche gesellschaftsrechtlich die Ausgabe von echten Mitarbeiterbeteiligungen (also stock-options, keine bloßen phantom-stocks) ermöglicht. Denn § 67a EstG unterscheidet nicht nach der Staatsangehörigkeit der anteilsgewährenden Gesellschaft, was zudem als offene Diskriminierung auch unionsrechtlich gar nicht möglich wäre. Die Gründer können daher ohne Verlust der steuerlichen Vorteile statt der FlexCo z.B. ebenso eine irländische ltd., oder auch eine deutsche GmbH verwenden, welche ohne irgendwelche Einschränkungen stimmrechtslose Geschäftsanteile zulassen, im Falle ersterer überhaupt keine Notariatsaktspflicht kennen, und bei denen eine unternehmerische Mitbestimmung entweder gar nicht existiert (so ltd) oder bei in Österreich beschäftigten Arbeitnehmern nicht zu Anwendung gelangt (so deutsche GmbH).

Von daher gilt: im Wettbewerb der innerstaatlichen Rechtsformen wird die FlexCo der österreichischen GmbH und teilweise auch der AG sicherlich sehr schnell den Rang ablaufen und sich breitflächig durchsetzen. Im internationalen Wettbewerb kann das Flexible-Kapitalgesellschafts-Gesetz jedoch nur als erster Schritt in die richtige Richtung angesehen werden, da die auch in Österreich einschränkungslos zur Verfügung stehenden Rechtsformen anderer EU-Mitgliedstaaten diesbezüglich teilweise noch viel weitergehende Vorteile bieten.

Florian Deck, 08.01.2024

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